Montag, 5. Dezember 2011

A Passage to India von E.M. Forster


Außer den Höhlen von Marabar – und die sind zwanzig Meilen entfernt – stellt die Stadt Chandrapor nichts Außergewöhnliches dar. Mehr eingesäumt als umspült vom Ganges schleppt sie sich ein paar Meilen am Flussufer entlang, kaum zu unterscheiden von dem Unrat den sie dort so großzügig entsorgt. An der Hafenpromenade gibt es keine Stufen, die zum Baden hinab führen, denn an dieser Stelle ist der Ganges zufällig nicht heilig; eigentlich gibt es auch gar keine Hafenpromenade, und das weitläufige und wechselhafte Panorama des Flusses ist von Basaren verdeckt. Die Straßen sind schäbig, die Tempel wirkungslos und die paar schmucken Häuser, die es dort gibt, liegen verborgen in ihren Gärten oder am Ende von Alleen, deren Schmutz alle ungeladenen Gäste abschreckt. ... Das Holz an sich scheint Matsch zu sein, die Einwohner Matsch, der sich bewegt. So nieder, so monoton ist alles, was man sieht, dass man nur darauf wartet, dass der Ganges den Auswuchs zurück ins Erdreich spült. Häuser stürzen hinein, Leute ertrinken und verrotten darin, aber im Großen und Ganzen hält sich der Umriss der Stadt, schwillt hier an, schrumpft dort ein wie eine niedere aber unzerstörbare Lebensform.

Landeinwärts ist der Anblick wie verwandelt. Dort befinden sich der Maidan und ein längliches, fahles Hospital. Die Häuser der Eurasier stehen auf einer Anhöhe nahe des Bahnhofs. Jenseits der parallel zum Fluss verlaufenden Schienen senkt sich das Land, steigt dann recht abrupt wieder an. Auf der zweiten Anhöhe ist die kleine Kolonialsiedlung angelegt und von dort betrachtet, stellt sich Chandrapor in völlig anderem Lichte dar. Es ist eine Stadt von Gärten. Es ist keine Stadt, nein, ein Hain mit Häuschen hie und da eingestreut. Es ist ein tropisches Paradies, umspült von einem stattlichen Fluss. Die Weinpalmen und Niembäume und Mangos und Pappelfeigen, die zuvor vom Basar verdeckt waren, kommen nun in Sicht und verdecken ihrerseits den Basar. Sie ragen empor aus Gärten deren uralte Wasserspeicher sie nähren, sie brechen hervor aus erdrückender Enge und verwilderten Tempeln. Nach Licht und Luft suchend und mit mehr Kraft versehen als der Mensch und sein Werk erheben sie sich über die niederen Gefilde, um einander mit ihren Zweigen und winkenden Blättern zu grüßen und eine Stadt zu bilden den Vögel.