Mittwoch, 16. März 2011

Die Nebenbuhler (orig. Rivals) von Richard Brinsley Sheridan

Auszug aus Akt I, Szene 2: Mrs. Malaprop und Sir Anthony haben soeben vergeblich versucht ihr Mündel, Lydia, dazu zu bewegen sich ihren Liebsten aus dem Kopf zu schlagen. Sir Anthony ist sich sicher, Lydias Sturheit kommt vom Lesen, während Mrs. Malaprop, die ständig Fremdwörter verwechselt, unwissentlich illustriert, wie es sich auswirkt, wenn Mädchen keine Bildung erfahren. 


Mrs. Malaprop: Was für ein schwieriges, kleines Weibsbild!

Sir Anthony: Das ist auch kein Wunder, Madam, so muss es ja kommen, wenn man Mädchen das Lesen lehrt. Und hätte ich tausend Töchter - der Himmel sei mein Zeuge - ich ließe sie eher die schwarze Magie erlernen als das Alphabet!

Mrs. Malaprop: Na na, Sir Anthony, Sie sind mir ja ein richtiger Misanthrop.

Sir Anthony: Auf meinem Weg hierher, Mrs. Malaprop, habe ich gesehen, wie die Zofe Ihrer Nichte aus einer dieser Leihbüchereien kam! In jeder Hand hielt sie ein Buch – solche mit Lederrücken und marmoriertem Einband! Da wurde ich gleich gewahr, wie eifrig die junge Dame wohl bei der Sache ist.

Mrs. Malaprop: Das sind entsetzliche Orte, fürwahr!

Sir Anthory: Madam, eine Leihbücherei in der Stadt gleicht einem immergrünen Baum diabolischer Erkenntnis! Das ganze Jahr hindurch in voller Blüte! Und glauben Sie mir, Mrs. Malaprop, die, die mit Vorliebe die Blätter betrachten, verzehren sich beizeiten auch nach der Frucht.

Mrs. Malaprop: Aber aber, Sir Anthony, das meinen Sie doch sicher ikonisch.

Sir Anthony: Nun ja, Mrs. Malaprop, nur bedingt. Was sollte eine Frau denn Ihrer Meinung nach lernen?

Mrs. Malaprop: Hören Sie gut zu, Sir Anthony. Keinesfalls wünschte ich, meine Tochter, solle ein Kind der Gelehrtheit sein. Ich finde so viel Gelehrsamkeit steht einer jungen Frau nicht gut an. So würde ich nicht dulden, dass sie sich mit dem Griechischen befasst, oder mit Hebräisch, Algebra, Symphonie, Fluktuation, Paradoxie oder dergleichen aufhetzerischen Lehrbereichen – schon gar nicht muss sie sich mit irgendwelchen Ihrer mathematischen, astronomischen, diabolischen Instrumente abmühen. Allerdings, Sir Anthony, würde ich sie im Alter von neun Jahren auf ein Internat schicken, damit sie ein wenig geistreich und kunstfertig werde. Außerdem, Sir, sollte sie eine Ahnung vom Haushalten bekommen. Und mit dem Heranwachsen, ließe ich sie in Geometrie unterrichten, damit sie sich etwas mit den Ländern auskennt, auf unserem Inkontinent. Aber vor allem, Sir Anthony, sollte sie der Orthodoxie mächtig sein, dass sie bloß die Wörter nicht so furchtbar falsch schreibt und ausspricht, wie Mädchen das häufig tun; sie soll ja schließlich kapitalisieren, was ihre Aussagen wirklich bedeuten. Das, Sir Anthony, sollte eine Frau meiner Meinung nach lernen – und ich bin überzeugt, nichts davon ist adäquat.

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